Auch bei Tankgutscheinen und Zahlungen für Werbung fallen Sozialabgaben an

Auch bei Tankgutscheinen und Zahlungen für Werbung fallen Sozialabgaben an

Rechtsanwältin Stefani Dach

„Tankgutscheine über einen bestimmten Euro-Betrag und Einnahmen aus der Vermietung von Werbeflächen auf privaten PKWs, die als neue Gehaltsanteile an Stelle des Bruttoarbeitslohns erzielt werden, sind sozialversicherungspflichtig.“
(Leitsatz der Verfasserin)
Pressemitteilung Nr. 5/2021 zu Bundessozialgericht vom 23.02.2021 – B 12 R 21/18 R

Das Bundessozialgericht (BSG) hat hier eine Entscheidung getroffen, die auch für das Arbeitsrecht von Bedeutung ist. Bislang liegen die Urteilsgründe noch nicht vor, der offiziellen Terminvorschau, dem Terminbericht und der zitierten Pressemitteilung lassen sich aber die leitenden Erwägungen des Gerichtes entnehmen.

Der Arbeitgeber hatte sich in dem entschiedenen Fall mit Arbeitnehmern auf individuelle Verzichte auf einen Teil des Bruttoentgeltes bei gleichbleibender Arbeitszeit geeinigt. Gleichzeitig wurden verschiedene „neue Gehaltsanteile“ (so die vertragliche Bezeichnung) vereinbart. Im Verfahren vor dem BSG waren davon noch Tankgutscheine in Höhe von bis zu 40,- EUR pro Monat und Arbeitnehmer*in sowie die Zahlung von Entgelten für die Bereitstellung von Werbeflächen für den Arbeitgeber auf privaten PKWs der Mitarbeiter*innen in Höhe von 21,- EUR monatlich streitig. Ein Rentenversicherungsträger hatte diesbezüglich Beiträge nachgefordert, wogegen sich der Arbeitgeber gerichtlich zur Wehr gesetzt hat.

Der Arbeitgeber ist der Ansicht, für die Tankgutscheine müssten keine Abgaben abgeführt werden, da man insoweit unterhalb der steuerlichen Freigrenze des § 8 Abs. 2 Satz 11 Einkommensteuergesetz (EStG) für Sachzuwendungen bleibe. Diese Grenze liegt bei 44,- EUR im Monat und ist über § 3 Abs. 1 Satz 4 Sozialversicherungs-Entgeltverordnung (SvEV) auch hinsichtlich der Sozialabgaben anzuwenden.

Diese Regelung zur Freigrenze greift gemäß § 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch (SGB) IV i.V.m. § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SvEV aber nur für Einnahmen, die zusätzlich zu Löhnen / Gehältern gewährt werden. Hier setzt das BSG an und verweist darauf, dass die Tankgutscheine ein teilweiser Ersatz für den Gehaltsverzicht sind und damit insoweit an die Stelle des bisherigen Gehaltes treten. Sie werden also nicht zusätzlich zum Gehalt gewährt, sondern sind integraler (neuer) Bestandteil desselben. Folglich greift für sie die Freigrenze des § 8 Abs. 2 Satz 11 EStG nicht ein und es sind Sozialabgaben abzuführen.
Bezüglich der Zahlungen für die PKW-Werbung war das Hauptargument des Arbeitgebers, dass es sich schon gar nicht um Arbeitsentgelt handele, sondern um Mietzins aufgrund von separat abgeschlossenen Mietverträgen. Dies ließ das BSG entgegen der Vorinstanzen nicht gelten und verwies auf die Regelung in § 14 Abs. 1 Satz 1 SGB IV, wonach auch Einnahmen, die im Zusammenhang mit einer Beschäftigung erzielt werden, Arbeitsentgelt darstellen. Die Werbeeinnahmen werden schon deshalb im Zusammenhang mit einer Beschäftigung erzielt, da sie einen Ersatz für Lohnverzicht darstellen. Aus demselben Grund handelt es sich also ebenfalls nicht um zusätzlich zu Löhnen / Gehältern gewährte Einnahmen. Schon deshalb kommt eine Anwendung der Bagatellgrenze nicht in Betracht (s.o. zu den Tankgutscheinen). Bei den Zahlungen für die Werbung handelt es sich zudem nicht um Sachzuwendungen.

Fazit:
Wäre hier anders entschieden worden, hätte der Arbeitgeber nicht nur ohne finanziellen Mehraufwand Werbeleistungen durch seine Mitarbeiter*innen erhalten, daneben hätte er auch noch Sozialabgaben (ebenso wie die Arbeitnehmer*innen) einsparen können. Einer Umwandlung des Gehaltes in Sachzuwendungen oder (kreativ) in Mieteinnahmen, mit dem Effekt, dass keine Sozialabgaben mehr anfallen, hat das BSG mit dieser Entscheidung einen Riegel vorgeschoben. Es ist auch nicht einzusehen, warum eine solche Umgehung durch „Neugestaltung“ des Gehaltes möglich sein sollte. Arbeitnehmer*innen müssen sich bei einem solchen Ansinnen ihres Arbeitgebers klar machen, dass sie dadurch keinen Vorteil haben.

Stefani Dach
Fachanwältin für Arbeitsrecht
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