Wirtschaftsprüfer: Krisenmanagement im Notfall

Wirtschaftsprüfer: Krisenmanagement im Notfall

Alexander Jost ist seit 2007 Vorstand der Jost AG.

Schon die Urlaubszeit brachte das Dilemma wieder auf den Punkt: Kaum ein Wirtschaftsprüfer – ob angestellt, in eigener Kanzlei oder in einer Partnerschaft – schafft es, tatsächlich drei Wochen lang nicht erreichbar zu sein. Was aber geschieht bei einer unvorhersehbaren Abwesenheit? Im Notfall? Wer springt dann ein und vertritt den Berater? Wie läuft der Betrieb weiter? Wie wird sichergestellt, dass die Mandanten nicht verunsichert werden? Sollte die unfreiwillige Abwesenheit dauerhaft bestehen bleiben: Wo findet sich ein Nachfolger? Wie wird sicher erreicht, dass die Kanzlei ihren Wert behält und etwaige Erben finanziell absichert?

Berufsrecht verpflichtet zur Notfallplanung

Die Wirtschaftsprüferordnung (WPO) enthält zwar anders als das Berufsrecht der Steuerberater und Rechtsanwälte bis auf die Fälle eines vorläufigen Tätigkeitsverbots oder eines Berufsverbots keine Regelungen zur Praxisvertretung. „Gleichwohl ist eine Vertretungsregelung mit einem anderen WP auch mit Blick auf eine sorgfältige Mandatserledigung grundsätzlich notwendig und dementsprechend auch nach dem Berufsrecht der WP geboten. In den Bereichen der gesetzlichen AP und der gerichtlichen Gutachtenaufträge ist aufgrund der höchstpersönlichen Leistungserbringung keine Vertretung möglich“, schreiben Hense/Ulrich in ihrem WPO-Kommentar zum § 43 WPO.

Steuerberater benötigen bereits ab einer Abwesenheit von über einem Monat einen Vertreter in ihrer Kanzlei. Im Zweifel wird dieser von der Kammer bestellt. Besser ist es allerdings, wenn Steuerberater und Wirtschaftsprüfer beizeiten die gegenseitige Vertretung mit einem Berufskollegen ihres Vertrauens vereinbaren. Nicht selten mangelt es in Zeiten wachsenden Wettbewerbsdrucks zwar an langjährig gewachsenen vertrauensvollen Beziehungen; durch moderne Kommunikationsmittel ist aber auf der anderen Seite die permanente persönliche Anwesenheit eines Vertreters nicht mehr notwendig, so können auch räumlich weiter entfernt angesiedelte Kandidaten in Frage kommen.

Vertrauensperson innerhalb der Kanzlei

Neben diesem persönlichen Vertreter kommt bei der Notfallplanung einer weiteren Person innerhalb der Kanzlei höchste Bedeutung zu: der Vertrauensperson, die mit der Aktivierung des Notfallplans beauftragt ist und die im Notfall sämtliche Maßnahmen koordiniert und managt. Die Vertrauensperson stellt zudem das Bindeglied zur Familie, zu den Mitarbeitern und den Mandanten dar. In den meisten Fällen wird sich die persönliche Assistentin für diese Aufgabe besonders empfehlen, da sie die meisten Ansprechpartner und einen großen Teil der Kommunikation kennt. Denkbar ist aber auch jeder andere Mitarbeiter.

Eine verwaiste Kanzlei beginnt sich im Notfall sehr schnell regelrecht aufzulösen, obwohl gerade sie den Hinterbliebenen oftmals vielleicht die entscheidende finanzielle Sicherheit hatte geben sollen. Diesen Erosionsprozess zu verhindern, ist die zentrale Aufgabe der Vertrauensperson.

Sprachregelung und erste Maßnahmen

Gelingen kann dies nur durch eine perfekte Kommunikation nach außen – und innen. Die Vertrauensperson holt buchstäblich den Notfallplan aus der Schublade und präsentiert diesen den übrigen Mitarbeitern, die dadurch zunächst einmal ein Stück Sicherheit gewinnen, nach dem Motto: Auch für diesen Fall hat unser Chef also vorgesorgt, dann wird es schon irgendwie weitergehen.

Denn nur dann können Mitarbeiter gefasst und sachlich den unausweichlichen Anrufen von Mandanten begegnen, indem sie darauf hinweisen, dass selbstverständlich auch das Kanzleiteam von dem Verlust schwer getroffen sei. Allerdings habe man für einen solchen Fall einen Vertreter, der mit allen wichtigen Informationen und Kompetenzen ausgestattet sei und auch die Suche nach einem etwaigen Nachfolger habe schon begonnen. Hilfreich ist dazu, bereits innerhalb der ersten 72 Stunden nach dem Schicksalsschlag einen Vermittler zu kontaktieren, da dieser Weg in aller Regel am schnellsten zum Ziel führt.

Wichtige Unterlagen im Ordner

Damit die Kanzlei dann tatsächlich möglichst schnell übertragen werden kann, aber auch damit der laufende Betrieb aufrecht erhalten werden kann, bedarf es einer Reihe von Unterlagen, die im schnellen Zugriff – am besten tatsächlich in einem zentralen Aktenordner – zu finden sein sollten. Hinein gehören nicht nur die Passwörter zu allen Systemen und gegebenenfalls der Zugang zum Safe, sondern auch Versicherungsverträge, Mitarbeiterverträge und eine anonymisierte Mandantenumsatzliste.

Neben den geschäftlichen Unterlagen gehören auch die relevanten privaten Dokumente in den Ordner, allen voran das Testament, das nicht nur auffindbar, sondern stets aktuell sein sollte, ebenso wie Vollmachten für den Ehepartner, der auch nicht automatisch auf alle Konten zugreifen kann, sowie eine Patientenverfügung. Dieser private Bereich betrifft im Übrigen den Einzelprüfer ebenso wie seinen Kollegen in einer Partnerschaft, der zwar nicht die Sorge haben muss, wer im Zweifel seine Geschäfte weiterführt, aber dafür andere Aspekte regeln muss.

Partnerschaftsvertrag krisenfest gestalten

In einer Sozietät oder Partnerschaftsgesellschaft gilt es mit Blick auf den Notfall insbesondere, den Partnerschaftsvertrag daraufhin zu überprüfen und gegebenenfalls zu ergänzen. Regeln sollten Partner wenn möglich auch, wer im Falle einer Notveräußerung die letzte Entscheidungskompetenz bei der Wahl eines Nachfolgers hat: die Familie oder der Partner. Entsteht an dieser Stelle später erst einmal Streit, vergehen möglicherweise wertvolle Wochen, was dann den Kanzleiwert schmälert und eventuell eine Entscheidung noch weiter in die Zukunft verlagert – bei weiter sinkendem Wert. Denn eines ist klar: Die Veräußerung einer Kanzlei oder eines Anteils aufgrund eines Notfalls ist immer ein Kampf gegen die Zeit.

Eine ausführlichere Fassung dieses Artikels (mit Checkliste zur Erstellung eines Notfallordners) findet sich hier (http://tinyurl.com/pajoo7d) .

Autor

Alexander Jost ist seit 2007 Vorstand der Jost AG. Steuerberater und Wirtschaftsprüfer begleitet Jost bereits seit über zehn Jahren bei der Nachfolgegestaltung für ihre Kanzlei. Außerdem hält er Vorträge zum Thema und ist Autor des Buches „Notfallplanung für Steuerberater – für Schicksalsschlag und Nachfolge“, das im Boorberg Verlag erschienen ist.

„Wir sind das Familienunternehmen für eine erfolgreiche Kanzleinachfolge. Als Spezialist in der Kanzleivermittlung schaffen wir Mehrwert durch lösungsorientierte Betreuung vor Ort. Leidenschaft und Teamgeist sind unsere Motivation. Dafür stehen wir persönlich und natürlich auch unser kompetentes Team.“

Klaus Jost, Alexander Jost

Kontakt
Jost AG
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